Spiegelneuronen beeinflussen unsere Realität

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Spiegeln

Es gibt keine Realität – es gibt Spiegelneuronen

Wir oft passiert es, dass wir auf einer Strasse entlang gehen, an Menschen und Geschäften vorbeilaufen ohne sie wirklich wahrzunehmen? Wir gehen ohne zu grüßen an Bekannten vorbei, weil wie sie nicht gesehen haben. Dass, was wir erkennen wollen, erkennen wir. Eindrücke, die unwichtig oder der aktuellen, persönlichen Situation nicht zuträglich sind, übersehen wir, im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Großteil der visuellen und auditiven Eindrücke wird gefiltert und nur die Informationen, die wichtig sind, werden uns bewusst zur Verfügung gestellt. Die Realität wird in uns erzeugt, alles Unnötige wird ausgeblendet. Doch nicht nur unser eigener Filter beeinflusst unsere Realität, sondern auch die Realität anderer.

Den gleichen Effekt kann man beobachten, wenn sich zwei Menschen konzentriert unterhalten. Sie sind auf einander fokussiert. Alles um sie herum verblasst, es ist unnötig – es wird unterdrückt.

Spiegelneuronen

Ein Grund hierfür können Spiegelneuronen sein. Vielleicht ist es Ihnen schon einmal aufgefallen, dass im Bus oder in der U-Bahn jemand zum gähnen begann und plötzlich andere Fahrgäste auch automatisch gähnten? Ähnliches passiert auch beim Lächeln und bei der Veränderung der Körperhaltung.
Beobachten Sie einmal Seminarteilnehmer genau. Es gibt einige, die strecken die Beine aus und kreuzen sie. Andere tun ihnen dies gleich. Schauen Sie sich in einem Restaurant, einer Kneipe oder einer Bar andere Gäste an und achten Sie auf deren Verhalten. Unterhält sich ein frisch verliebtes Pärchen, kann es gut sein, dass beide die gleiche Körperhaltung einnehmen oder gleichzeitig ihr Getränk zu sich nehmen.
Wir werden unwillkürlich durch Gedanken, Handlungen und Emotionen anderer angesteckt.

Zuständig für dieses Verhalten sind s.g. Spiegelneuronen. Spiegelneuronen sind das Resonanzsystem in unserem Gehirn. Wir nehmen mit diesem Gefühle, Stimmungen und Handlungen anderer wahr. Spannend hierbei ist, dass diese Nervenzellen auch dann aktiv sind und uns beeinflussen, wenn nicht wir eine Handlung druchführen, sondern nur zusehen, wie sie durchgeführt wird.

Vergleichbar ist dies mit einem Lautsprecher der laute Musik aussendet. Die Schallwellen, von der Membran des Lautsprechers erzeugt, gelangen in unseren Körper und beeinflussen diesen.

Wir empfangen Signale anderer ohne es zu merken. Dies können Freude und Glück sein, aber auch Schmerzen und Trauer. Schneidet sich jemand in den Finger und wir beobachten ihn, kann es durchaus sein, dass wir die Schmerzen ebenso intensiv oder abgeschwächt an der gleichen Körperstelle wahrnehmen.

Entdeckung der Spiegelneuronen

Durch Zufall wurden bei einem Experiment mit Schimpansen die Spiegelneuronen von einer italienischen Forschungsgruppe um Giacomo Rizzolatti 1996 entdeckt. Die Forscher wollten herausfinden, welche Regionen des Gehirns aktiv werden, sobald ein Schimpanse nach einer Nuss greift.
Die Forscher stellten fest, dass immer die gleichen Nervenzellen aktiv waren, ungeachtet der Tatsache, ob ein Affe die Handlung selbst durchführte, oder ob er die Bewegungen eines Teammitglied der Forschungsgruppe dabei beobachtete, wie es nach der Nuss griff. Es gingen dabei die gleichen Signale aus.

Spiegelneuronen gehören zur Grundausstattung

Wir kommen mit Spiegelneuronen auf die Welt. Sie sind im Alter zwischen 3 und 4 Jahren voll ausgebildet. Fühlen und spüren spüren wir Emotionen, sind wir sympathisch. “Sympathie ist die Fähigkeit, Freude und Leid anderer mitzufühlen ” (Shaftesbury, Hume, A. Smith, Comte, Spencer). Und, wie sagt schon ein deutsches Sprichwort “geteiltes Leid, ist halbes Leid”. Daher kann es durchaus sein, dass Kinder, die ihrer Bezugsperson gegenüber “sympathisch” sind, unwillkürlich die gleichen Gefühle und Krankheiten entwickeln.

Spiegelneuronen werden auch in der modernen Medizin zu Rehabilitation genutzt. Schauen Schlaganfallpatienten einer Handlung eines Therapeuten zu, wird der Bewegungsablauf kopiert und abgespeichert.

Unsere Realität wird nicht nur von uns erzeugt

Haben wir einmal die Beeinflussung durch die Spiegelneuronen erkannt, kann es ein Leichtes sein, die eigene Realität zu ändern. Umgeben wir uns mit negativ eingestellten Menschen, erzeugt dies in uns eine gedrückte Stimmung. Haben wir hingegen ein positiv denkendes Umfeld, sind auch wir glücklicher und motivierter.

Spiegelneuronen im Coaching

Im NLP (Neurolinguistische Programmierung), einer Sammlung von Kommunikationstechniken, kenn man die Fähigkeit des Spiegelns. Man nennt sie “Leading and Pacing” – “Schritt halten und die Führung übernehmen“.
Das geschicktes Einstellen auf einen anderen Menschen kann zur Beeinflussung eines anderen Menschen führen.

Vorahnungen und gleiches Denken

Die Fähigkeit des Spielens erlaubt es uns auch Verhalten eines anderen vorauszusagen, ohne das der Vorgang bereits stattgefunden hat. Sie haben sicherlich schon einmal einen Gedanken ausgesprochen und von einer Ihnen nahestehenden Person die Rückmeldung bekommen den gleichen Gedanken gedacht zu haben.

Testen Sie die Fähigkeit Ihrer Spiegelneuronen

Gehen Sie mit Ihrem Partner, Partnerin oder einer anderen Person zum Essen. Beobachten Sie, ohne zu starren, die Körperhaltung Ihres Gegenübers. Nehmen Sie die gleiche Haltung ein spiegeln Sie jede Veränderung und jeder Handlung: Kratzt sich der andere, kratzen Sie sich sofort an der gleichen Stelle. Trinkt der andere, trinken Sie auch, usw. Befürchtungen, dass dies erkannt wird, sind unbegründet.
Nach ein paar Minuten übernehmen Sie die Führung. Streifen Sie sich durch das Haar oder verändern Sie Ihre Sitzposition. Vermutlich wird Ihr Verhalten nun nachgeahmt – gespiegelt. Spannend, nicht wahr?

Bildnachweis: Sande Hamilton @ freeimages.com